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Bewegung ist Lilos Leidenschaft

Lilo beim Tai Chi | Foto © Redaktion

Mühelos bewegt die zierliche, ältere Dame ihren Körper in scheinbar unmögliche Richtungen, als ich sie frage wie gelenkig sie noch ist. Ich versuche die Übung nachzumachen und merke, dass der 76 jährigen so schnell keiner das Wasser reichen kann.

 

Lilo Schlösser unterrichtet an vier Tagen in der Woche neben Gymnastik auch Tai Chi und Qi Gong. Seit 40 Jahren leitet sie Sportkurse beim TuS Blau-Weiß-Königsdorf. Mit ihrer Fröhlichkeit und Geduld steckt die älteste Übungsleiterin des Vereins alle an. Vor allem durch ihre Kombination von Bewegung zu Musik und Rhythmus motiviert sie Alt und Jung. Die Mutter von drei Kindern und Großmutter von drei Enkelkindern versteckt ihr Alter nicht. „Ich bin wie ich bin!“, sagt sie mit strahlenden Augen.

 

In Wuppertal, wo sie aufwuchs, durfte sie sich mit 18 zum ersten Mal im Turnverein anmelden. Zu diesem Zeitpunkt war sie sehr unsportlich. „Das lag vor allem daran, dass es zu dieser Zeit keinen vernünftigen Sportunterricht gab,“ erwähnt sie. Nach der Hochzeit und dem Umzug nach Königsdorf machte sich die 33 jährige Lilo sofort auf die Suche nach einem geeigneten Verein. Zu ihrem Glück stand das neue Haus direkt gegenüber einer Sporthalle. Die Angebote gefielen ihr nicht, so sorgte sie selbst für neuen Schwung, indem sie ein Tonbandgerät zur Gymnastikstunde mitbrachte. 1978 folgte der Übungsleiterschein mit dem der Anfang für viele weitere Scheine und Sportabzeichen gemacht war.

 

Durch Zufall kam sie vor 26 Jahren zum Tai Chi. Nachdem die damals 50 jährige ein Plakat sah und ihr der Begriff fremd war, meldete sie sich spontan zu einem Lehrgang an. Die langsamen, fließend ineinander übergehenden Bewegungen der chinesischen Kampfkunst faszinierten Lilo sehr und bescherten ihr ein gutes Körpergefühl. Tai Chi hat sie gelassener gemacht. „Diese innere Ruhe und Ausgeglichenheit hätte ich mir gewünscht, als meine Kinder noch klein waren,“ gesteht sie. „Dann wäre der Alltag stressfreier gewesen.“

 

Es ist stets ihre Neugierde und der Wunsch nach Veränderung, der Lilo antreibt, neue Pfade einzuschlagen. „Unabhängig vom Alter, kann man immer mit etwas Neuem beginnen!“ erklärt sie. Ihre Begeisterungsfähigkeit macht auch vor modernen Sportarten nicht Halt.

 

Vor zwei Jahren begann sie mit Zumba. Als älteste Teilnehmerin war ihr die Musik zunächst zu laut. Sie suchte sich einen Platz weit weg von den Boxen. Die Power der Bewegungen gefiel ihr und sie gewöhnte sich an die neuartigen Töne, die sie mit der Zeit als Ohrwurm verfolgten. „Außerdem tut Zumba meinen Füßen gut“, lacht Lilo. Nur die brasilianische Kampfkunst Capoeira traut sie sich nicht mehr zu. Dafür ist sie bei den Prüfungen dabei und filmt die akrobatischen Sprünge und Salti der jungen Teilnehmer.

 

Ein Fitnessstudio musste sie natürlich auch testen. Die Probestunde fand sie furchtbar. Die immer gleichen Bewegungen an einer überschaubaren Anzahl an Geräten waren ihr zu eintönig. Außerdem kritisiert sie das ständige Leistungsdenken der Besucher. Andererseits sei es ein guter Ausgleichsport für Berufstätige. Gerade die langen Öffnungszeiten und die Möglichkeit, bei jedem Wetter das Laufband zu benutzen, empfindet sie als Vorteile.

 

Leistungssport hat sie nie gemacht. Ihre Beweglichkeit und Schmerzfreiheit hat sie allein der Regelmäßigkeit ihres Trainings zu verdanken. Es ist ihr wichtig, dass wir sanft und achtsam mit unserem Körper umgehen. „Wir sind beweglich angelegt, deshalb sollen wir uns auch bewegen! Wenn wir in uns hineinhören, können wir intuitiv entscheiden, was gerade gut für uns ist!“, erwähnt sie. Lilo vertritt die Meinung, dass man sich nur soviel zumuten darf, wie es Spaß macht. Die eigenen Grenzen und die der anderen zu respektieren, ist ihr Erfolgsgeheimnis. „Sei behutsam mit deinen Mitmenschen, so wie mit dir selbst“, sagt sie.

 

Alleine macht sie allerdings keinen Sport. „Das ist mir zu langweilig!“ verrät sie. Sie braucht Gesellschaft und der Sport hat stets ihre sozialen Kontakte gefördert. „Das macht mich glücklich!“

 

Privat ist Lilo ebenfalls nicht zu bremsen. Mit ihrem Mann hat sie alle 4000er Gipfel in Italien, der Schweiz und Frankreich erklommen. Auch in Südamerika und im Himalaya haben sie 5000 und 6000 Meter hohe Berge bestiegen. Dabei profitierte sie auch von ihren Tai Chi - Kenntnissen. Sie geht kraftsparend und das Wandern bereitet ihr Freude. Sie möchte Vorbild sein und zeigen, dass Träume in Erfüllung gehen können. Bis heute bildet sie sich weiter und möchte solange es geht sportlich aktiv bleiben. Und wer Lilo gut kennt, der traut ihr, ohne mit der Wimper zu zucken zu, dass sie noch die ein oder andere verrückte Idee in die Tat umsetzten wird.